Die externe Strahlenbehandlung ist seit vielen Jahren eine unentbehrliche Hilfe bei der Behandlung von Patienten mit einem Prostatakarzinom. Sie ist das Standardverfahren der Strahlenheilkunde und weltweit weitgehend standardisiert. Die Präzision der Bestrahlung hat sich über die Jahre immer weiter verbessert. In der Regel wird sie mit hochenergetischen Photonen eines Linearbeschleunigers in täglichen Einzeldosen von 1,8-2 Gy (sprich: "Gray") durchgeführt. Die Bestrahlungsdosis wird gleichmäßig verteilt: In allen Bereichen der Prostata(-region) ist die Strahlungsdosis identisch und genauso hoch wie in den angrenzenden Organen (Harnblase und Enddarm).
Die Höhe der Gesamtdosis hängt vom Einsatzzweck ab. Eine externe Strahlentherapie erfolgt (werk)täglich über einen Zeitraum von in der Regel mindestens 4 Wochen bis maximal 9 Wochen. 9 Wochen tägliche Bestrahlung (entsprechend 45 Einzelbestrahlungen) wird dabei nur bei einer alleinigen externen Bestrahlung notwendig; die Gesamtdosis würde dann bei 1,8 Gy Tagesdosis 81 Gy betragen.
Sie kann in unterschiedlichen Situationen zum Einsatz kommen:
Als Primärbehandlung des Prostatakrebses, oft zusammen mit einer Hormontherapie: Die externe Bestrahlung ist seit vielen Jahrzehnten die wichtigste Alternative zur radikalen Prostatektomie. Die Heilungsraten liegen - je nach Krankheitsstadium und applizierter Bestrahlungsdosis - zwischen ca. 20% und max. 80%.Im Niedrigrisiko-Stadium ist sie als alleinige Therapie einsetzbar; die Heilungsraten bei den in Deutschland gebräuchlichen Bestrahlungsdosen von 72-78 Gy liegen hier bei bis zu 80%. Im Mittelrisiko- und Hochrisiko-Stadium wird sie zur Erlangung einer noch besseren Wirksamkeit zusammen mit einer Hormontherapie eingesetzt, die 2-3 Jahre dauert. Trotzdem reicht die aus Rücksicht auf die umliegenden Organe applizierbare Dosis oft nicht aus, um den Krebs vollständig zu beseitigen; die Heilungsraten liegen in diesen Stadien bei 20-70%. Es wird in letzter Zeit zudem verstärkt über die Hormontherapie diskutiert, ob diese das Risiko einer späteren Demenzerkrankung erhöhen kann. Die primäre externe Strahlentherapie wird daher heutzutage bei der Primärbehandlung deutlich seltener eingesetzt als z.B. die Brachytherapie oder Radikaloperation.
Als Zusatzbehandlung nach einer primären operativen Entfernung der Prostata
(=adjuvante Bestrahlung): Wenn nach einer primären Radikaloperation der PSA-Wert nicht auf Null absinkt, liegt der Verdacht nahe, dass im Randbereich der Prostata noch Tumorgewebe vorhanden ist. In solchen Fällen ist nach Abschluss der primären Rehabilitationsphase eine Nachbestrahlung des Prostatabettes, ggf. einschließlich der Lymphregionen notwendig. Ebenso, wenn im histologischen Präparat seitens des Pathologen ein Einwachsen des Krebses in die Samenblasen (Tumorstadium pT3b) gesehen wurde oder im Randbereich der Prostata Krebs durchgewachsen war (pT3a). Einige urologische Kliniken warten grundsätzlich trotz pT3a- oder pT3b-Stadium den weiteren PSA-Verlauf ab, aus Sorge, dass eine unmittelbare Strahlentherapie zusätzlich belastende Folgen wie Inkontinenz und Impotenz hat. Dies verschlechtert jedoch die Gesamtheilungsaussichten der Patienten.
Als Rezidivbestrahlung (Salvage-Bestrahlung) nach Radikaloperation
im Bereich des Prostatabettes oder der Lymphknoten: Wenn der PSA-Wert nach einer Radikaloperation wieder ansteigt, ist bei den allermeisten Patienten ein lokales Tumorezidiv an der Anastomose oder im ehemaligen Randbereich der Prostata hierfür verantwortlich. Mithilfe eines PSMA-PET/CT kann der Rezidivbereich ab einem PSA-Wert von ca. 0,5 ng/ml exakt lokalisiert werden. Die Behandlung der Wahl ist die externe Bestrahlung der ehemaligen Prostataregion, die Gesamtdosis beträgt in der Regel 66 - 70 Gy. Hierdurch kann etwa die Hälfte der Patienten mit einem Lokalrezidiv noch geheilt werden. Allerdings kann sich die postoperative Inkontinenz und auch schon oft bestehende postoperative Erektile Dysfunktion weiter verstärken. Tip: Die besten Heilungsraten werden erreicht, solange der postoperative PSA-Wert nicht über 0,2 ng/ml angestiegen ist. Hier lohnt eine engmaschige Nachsorge und mitunter der Verzicht auf ein sonst wünschenswertes PSMA-PET/CT.
als Rezidivbestrahlung nach einer Brachytherapie: Lokalrezidive an der Prostata sind nach einer LDR-Brachytherapie sehr selten, hier kommt die externe Strahlentherapie daher nicht zum Einsatz. Benötigt wird sie mitunter, wenn es nach nach einer Brachytherapie zu einem Tumorprogress an den Lymphknoten kommt. Hier erfolgt sie in der Regel mit einer Dosis von 50,4 bis max. 60 Gy.
als Rezidivbestrahlung nach anderen lokalen Behandlungsverfahren: HIFU, IRE und PDT (s. Kapitel „Fokale Therapieverfahren“) werden in aller Regel als hyperfokale Therapie eingesetzt. Eine externe Bestrahlung sowohl der Prostata wie auch der Lymphknotenregion sind ohne wesentliche Einschränkungen möglich und werden analog zur primären Strahlentherapie (s. o.) durchgeführt.
Weitere externe Bestrahlungsverfahren:
Auch die Cyberknife-Bestrahlung
ist eine externe Bestrahlung mit Photonen, allerdings wird die Dosis pro Bestrahlung deutlich erhöht und die Anzahl der Bestrahlungen deutlich vermindert. Beliebt ist eine viermalige Bestrahlung mit einer Einzeldosis von 9,5 Gy. Die Heilungsraten aktueller Multicenter-Studien (z.B. Fuller 2018)
scheinen im Niedrig-Risiko-Stadium und günstigen Intermediärstadium gleich gut bzw. etwas besser zu sein als die der konventionellen externen Bestrahlung, Im fortgeschrittenen Intermediärstadium haben allerdings in der Analyse von Fuller et al 2018 55% der Patienten nach 6 Jahren einen Tumorrückfall erlitten.
Es wird eine über die Jahre deutlich zunehmende Inkontinenz von bis zu 10% nach 5 Jahren beschrieben.
Die Cyberknife-Therapie beim Prostatakarzinom muss bis zum Vorliegen weiterer Studien weiterhin als experimentell gelten.
Noch experimenteller ist der Einsatz von Protonen
und Schwerionen.
Die Protonentherapie, die es seit etwa 30 Jahren gibt, hat es in dieser Zeit nicht geschafft, bessere Heilungen oder weniger Nebenwirkungen als die normale Photonenbestrahlung zu erreichen.
Schwerionen, wie sie in wenigen sehr hochspezialisierten Anlagen als Therapiestrahlung verwendet werden, sind dagegen in jeder Hinsicht für die Behandlung des Prostatakrebses als hochexperimentell einzustufen.
Sie weisen eine stärkere biologische Wirkung als Photonen oder Protonen auf, was sowohl zu einer besseren Heilung, aber eben auch zu deutlich verstärkten Nebenwirkungen führen kann.