LDR-Brachytherapie (Seedimplantation)
Die LDR-Brachytherapie ist eine Spezialform der Strahlentherapie, bei der schwachradioaktive Strahler direkt in den Tumor und in die Prostata eingesetzt werden. Sie wird auch „Seedimplantation“ oder „permanente Brachytherapie“ genannt, weil bei ihr kleine radioaktive Stifte, sog. Seeds, in einem einmaligen, etwa einstündigen Eingriff dauerhaft (permanent) implantiert werden.

LDR steht für dabei für „low dose rate“. Das bedeutet „niedrige Dosisrate“, nicht etwa „niedrige Dosis“. Bei der LDR-Brachytherapie ist nicht die absolute Bestrahlungsdosis bei LDR gering, sondern die Dosisrate, also die Dosis pro Zeit.
Weil die Bestrahlungszeit bei Verwendung von I-125 Seeds zehn Monate beträgt, ist die letztlich biologisch wirksame Bestrahlungsdosis in der Prostata bei der LDR- Brachytherapie sogar sehr hoch: etwa 2- bis 4-mal höher als bei der Außenbestrahlung.

Die Bestrahlungsdosis kann dabei sehr individuell platziert werden. Im Tumorbereich kann eine sehr viel höhere Strahlendosis erreicht werden als z.B. an der Harnröhre, dem Enddarm oder der Harnblase. Im Vergleich zur Aussenbestrahlung ist die Strahlenbelastung am Darm und der Harnblase minimal.  

In den 1990er Jahren wurden zur Brachytherapie meist lose Seeds (Einzelseeds) verwendet. Heute dagegen sind Seedketten üblich, bei denen erstens die direkte Prostataumgebung mitbehandelt werden kann und zweitens Seedwanderungen so gut wie ausgeschlossen sind.
Strahlungsreichweite bei LDR-Brachytherapie (Seedimplantation)
Die LDR-Brachytherapie ist daher, weil Prostata und ihre direkte Umgebung (also etwa der Samenblasenansatz und die perikapsuläre Region) mitbehandelt werden können, deutlich effektiver als die Radikaloperation oder die externe Bestrahlung. Sie kann als alleinige Therapie eingesetzt werden, in fortgeschrittenen Stadien aber auch in Kombination mit einer externen Bestrahlung erfolgen.

Durchführung einer LDR-Brachytherapie 
Sofern keine Begleiterkrankungen bzw. Narkoserisiken vorliegen, die eine kurzzeitige stationäre Behandlung notwendig machen, kann die LDR-Brachytherapie auch ambulant erfolgen.
Das kann in einem ambulanten Spezialzentrum geschehen. In Deutschland gibt es bislang lediglich 4-5 ambulante Behandlungszentren, die das Gesamtspektrum der LDR-Brachytherapie beim Prostatakarzinom beherrschen und anbieten.
In diesen ambulanten Zentren arbeiten in der Regel Fachärzte für Strahlenheilkunde mit Fachärzten für Urologie zusammen und führen oftmals die Eingriffe sogar gemeinsam durch. Das Team wird ergänzt durch spezialisierte Medizinphysiker und das Anästhesieteam.
Je länger die Teams zusammenarbeiten, umso besser sind auch die Ergebnisse. Dies wurde am eindrucksvollsten in einer japanweiten prospektiven Kohortenstudie (Nakamura 2019) gezeigt. Bei 30 an dieser Studie teilnehmenden Instituten waren die Behandlungsergebnisse in den 5 Zentren mit mehr als 120 Patienten pro Jahr deutlich besser als bei den 25 Zentren mit geringeren Fallzahlen.

Behandlungsergebnisse
Einen Überblick über die exzellenten onkologischen Behandlungsergebnisse der Seedimplantation gibt die Metaanalyse von Grimm et al. bzw. die Fortführung durch die Prostate Cancer Study Group.
Eine ausgezeichnete Zusammenfassung zur LDR-Brachytherapie bietet auch die 2012 publizierte Therapieempfehlung der ABS (American Brachytherapy Society).

Die international sehr guten Ergebnisse der LDR-Brachytherapie sind auch in Deutschland erreichbar, wie eine Analyse von Zimmermann et al. 2018 zeigt.  Wichtig ist, daß die Wirkung weitgehend unabhängig vom anfänglichen PSA-Wert, vom lokalen Tumorstadium und Gleason Score eingetreten ist. Dies wurde durch die konsequente Einbeziehung der direkt an die Prostata angrenzenden Gewebe (Perikapsuläre Region) in das Behandlungsgebiet erreicht.
Indikationsbereich der alleinigen LDR-Brachytherapie
Eine alleinige LDR-Brachytherapie kommt dann in Frage, wenn der Krebs auf die Prostata beschränkt ist, das heißt, keine Absiedlungen in die Samenblasen oder Lymphknoten stattgefunden haben und keine Fernmetastasierung vorliegt
(Tumorstadium N0M0). Dabei ist es unerheblich, ob eine geringe Kapselinfiltration vorliegt. Die perikapsuläre Region kann bei der Verwendung von Seedketten sehr einfach mitbehandelt werden. 
Deswegen kann die LDR-Brachyherapie auch dann zielgenau eingesetzt werden, wenn ein geringer Kapseldurchbruch bereits vorliegt. 
Erst wenn das Risiko für eine weiterreichende Samenblaseninfiltration und/oder einen Lymphknotenbefall statistisch zunimmt (s. Kapitel Prognosetools), ist eine Kombination der LDR-Brachytherapie mit einer Außenbestrahlung notwendig.

Lebensqualität
Die Lebensqualität der Patienten nach LDR-Brachytherapie ist, wie der folgende Vergleich (Ferrer 2008) zeigt, meist wenig beeinträchtigt:
Irritationen beim Wasserlassen in den ersten Monaten der Behandlung hängen neben der Trinkmenge des Patienten vor allem vom Miktionszustand (Harnlassen) vor der Behandlung ab.
Sollte dieser primär unzureichend sein, heißt dies nicht, dass eine LDR- Brachytherapie nicht erfolgen kann. Es ist dann sinnvoll, entweder eine mehrmonatige Hormontherapie zur Verkleinerung der Prostata durchzuführen oder durch eine transurethrale Resektion der Prostata (Entfernen des Prostatagewebes durch die Harnröhre) den Harnfluss vorher zu normalisieren.
Ist der Tumor ausreichend frühzeitig erkannt, kann auch eine Durchführung der LDR- Brachytherapie in fokaler Technik (Fokale LDR-Brachytherapie) die ideale Problemlösung sein, weil dies den Harnfluss auch bei schwierigen Ausgangssituationen weitgehend ungestört lässt.
Nach LDR-Brachytherapie kann der Patient bereits nach wenigen Tagen sein normales Alltagsleben wiederaufnehmen; eine Kur ist möglich, aber nur sehr selten notwendig.

Weitere Therapiemöglichkeiten nach primärer LDR-Brachytherapie
Die LDR-Brachytherapie ist ein hochkuratives Verfahren, bei dem eine weitere Therapie nur sehr selten notwendig ist.
Sollte es dennoch zu einem lokalen Rückfall in der Prostata kommen, stehen weiterhin alle Therapieverfahren zur Verfügung: 
Als nächstes kann entweder eine nochmalige (fokale) Seedimplantation des Rezidivbereiches oder aber auch eine sekundäre Radikaloperation (Salvage-Operation) erfolgen.  Letztere gilt nach einer alleinigen LDR-Brachytherapie als nur geringfügig erschwert.
Je nach konkreter Rezidivsituation stehen auch eine Hormontherapie oder Außenbestrahlung zur Verfügung.
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